Was ich von Joseph Campbell gelernt habe: Du musst nicht die Welt verändern, es reicht wenn du lebendig wirst

Auf dieser Webseite frage ich die Besten eines Faches nach ihrem Wissen und ihrer Weisheit. Aber auch woanders findet sich Interessantes über gelingendes Leben und Arbeiten. Beim amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell zum Beispiel.

George Lucas erfand die Weltraumsaga »Star Wars« und bediente sich beim Schreiben der Geschichte eines Musters, mit dem ihn der Literaturwissenschaftler und Mythen-Experte Joseph Campbell vertraut gemacht hatte: Campbell beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit den großen Erzählungen der Menschheit, mit Sagen, Mythen, Märchen. Er untersuchte die zugrundeliegenden Erzählweisen und stieß unter anderem auf das Prinzip der Heldenreise: Ein Mensch macht sich auf den Weg, um einer Berufung nachzugehen, um seine Lebenssituation zu ändern. Er geht einer großen Frage, einem Auftrag nach, erlebt Widerspruch und Niederlagen, kämpft sich aber weiter, besiegt das Böse und wird mit Erlösung und neu gewonnener Freiheit gesegnet. Entlang dieses Prinzips baute George Lucas die »Star Wars«-Reihe.

Nun ist bei Audible die Gesprächsreihe »Joseph Campbell and the Power of Myth« als Podcast erschienen, in dem Campbell über die Heldenreise spricht und weshalb im Grunde jedes menschliche Leben nichts anderes als eine Heldenreise ist. Gleich in der ersten Folge geht es ans Eingemachte. Fragesteller Bill Moyers spricht mit Campbell über Sinn und Zweck des Lebens, über Berufung und Leidenschaft. Die folgende Passage habe ich abgetippt, sie scheint mir besonders wertvoll. Campbell sagt darin, dass niemand für ein sinnvolles Leben die Welt auf den Kopf stellen muss. Es reicht schon, wenn wir selbst lebendig werden, wenn wir unsere Berufung suchen und finden und mit der dabei entstehenden Freude die Menschen um uns herum anstecken:

»The influence of a vital person vitalizes, there is no doubt. The world is a wasteland. People have the notion of saving the world by shifting it around and changing the rules. No. Any world is a living world, if it is alive. The way to bring it to live is to find in your own case where your life is and be alive yourself.«

Auf Deutsch:

»Der Einfluss einer vitalen Person belebt, daran gibt es keinen Zweifel. Die Welt ist eine Einöde. Die Menschen haben die Vorstellung, die Welt zu retten, indem sie sie verschieben und die Regeln ändern. Nein. Jede Welt ist eine lebendige Welt, wenn sie am Leben ist. Der Weg, sie zum Leben zu erwecken, besteht darin, dass Sie in Ihrem eigenen Fall finden, wo Ihr Leben* ist – und selbst lebendig zu werden.«

*Campbell meint mit »Leben« hier soviel wie Erfüllung oder Zufriedenheit.