Der Kulturmacher Till Hofmann übers Experimentieren: Ich suche keine Projekte, ich lasse Sie auf mich zukommen

Auf seinen Bühnen (darunter die Münchner Lach- und Schießgesellschaft) spielen Premiumkabarettisten wie Josef Hader oder Martina Schwarzmann, er managte »La Brass Banda« und setzt sich mit der Sozialgenossenschaft »Bellevue di Monaco« für mehr Miteinander ein: Ein Gespräch mit Till Hofmann – über die Poesie von Veranstaltungsorten, die relative Präsenz eines guten Gastgebers und die Frage »Warum nicht ich?« Fotos: Gerald von Foris

Till, es ist Sonntagmorgen, was hast du gestern Abend gemacht?
Wir waren Freitag und Samstag in Klausur mit allen KollegInnen aus der Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco. 

Du hast 2014 eine große Demo gegen Pegida organisiert und danach mit anderen ein Haus mitten in München renoviert: Das Bellevue di Monaco wurde zum Wohnort und Bildungszentrum für Flüchtlinge, überhaupt zum Treffpunkt des Viertels.
Ja, wegen der Vielzahl der Projekte, die jetzt im Bellevue entstanden sind, war auch die Klausur so wichtig und zugleich anstrengend. Ein externer Berater hat alle Projekte durchleuchtet, wir haben die Ideen zur Entwicklung sortiert und überlegt, wie es mit guter Energie weitergehen kann. 

Ihr plant einen öffentlich zugänglichen Sportplatz auf dem Dach. Wie steht es darum?
Es gibt die Baugenehmigung der Stadt und wir sammeln seit einem Dreivierteljahr Geld, am 26. April zum Beispiel mit dem Giro di Monaco, einem Benefizlauf auf dem Altstadtring, der an diesem Tag für Autos gesperrt ist. 

Welches Anliegen verbindet sich mit dem Dachsportplatz?
Wir wollen öffentlichen Raum zurückholen und kommerzfrei den MünchnerInnen zur Verfügung stellen.

Bekannt bist du in München als der Mann mit dem »Kleinkunstimperium«.
Der Begriff stammt nicht von mir.

Du betreibst die Lach- und Schießgesellschaft, das Vereinsheim, das Lustspielhaus, den Club Milla, den Stadtsaal in Wien – welchen Platz nimmt in deiner Arbeitswoche gerade das Bellevue ein, zu dessen Vorstand du gehörst?
In der Bauphase waren es drei Tage die Woche, jetzt sind es maximal zwei. 

Nun habe ich nachgerechnet: An manchen Tagen besuchen Tausende von Menschen deine Veranstaltungen.
Tausende? Das kann nicht sein. 

Zumindest, wenn ich das von dir gegründete Zeltfestival hinzunehme und die Abende, an denen du mit deiner Konzertagentur den Zirkus Krone bespielst.
Na gut, wenn du das Datum richtig wählst, mag es sein. An einem Abend spielte mal »Tocotronic« beim Passauer Zeltfestival, im Lustspielhaus hatten wir eine Eigenproduktion, im Wiener Stadtsaal war Alfred Dorfer, Helge Schneider spielte im Zirkus Krone … ja, das kann sein.

Wenn du eine Bühne übernimmst, die nicht so gut läuft, kannst du nicht viel falsch machen. Dann scheiterst du halt. Und?

Mit welcher Bühne fing alles an?
Mit dem Lustspielhaus, 1996. Das bekam ich über Nacht. 

Wie?
Ich war als Bühnentechniker mit dem Kabarettisten Bruno Jonas auf Tour. Eines Abends fuhren wir nach einer Vorstellung in Penzberg nach München ins Lustspielhaus. Das gehörte damals Wolfgang Nöth, der drauf und dran war, den Kunstpark Ost zu eröffnen. Die Bühne lief nicht gut und Nöth fragte: »Willst du’s machen?« Ich sagte zu und hatte nach drei Tagen den Schlüssel. 

Wie alt warst du?
25. 

Das ist jung.
Ja. 

Woher hast du das Geld genommen?
Ich ging zur HypoVereinsbank an der Münchner Freiheit und fragte nach einem Dispokredit für Theatergastronomie. Der Berater verlangte Zahlen aus fünf Jahren Lustspielhaus und Sicherheiten. Hatte ich beides nicht. Er riet mir, die Finger von der Sache zu lassen. Ich fing trotzdem an, gemeinsam mit Günther Schöne, dem Koch vom Lustspielhaus. Wir arbeiteten 15 Stunden täglich und sparten Personalkosten, wo es ging. Zumindest die Pacht konnten wir so bezahlen. 

Kurz darauf hast du noch die Lach- und Schießgesellschaft übernommen, eine traditionsreiche Kabarettbühne.
Das war erst im Jahr 2000, als mich der Dieter Hildebrandt fragte … 

Das Haus befindet sich in der Parallelstraße zum Lustspielhaus, der Kabarettist Dieter Hildebrandt war einer der Mitgründer.
Ich sagte sofort zu. Ich hatte Lust und es war mir eine Ehre, mit Dieter Hildebrandt zu kooperieren. Er war in der Anfangszeit des Bellevue di Monaco bei unseren Goldgrund-Aktionen dabei und engagierte sich zeitlebens gegen Rechts und für Geflüchtete. Er war ja selbst im Krieg vertrieben worden, wurde nie zynisch, es war super mit ihm. Ich fand toll, wie er trotz seines Alters und seiner Vergangenheit sehr wach und jung im Kopf blieb und nach vorne schaute. Er stand jedes Jahr bis zu 40 Abende auf der Bühne der »Lach und Schieß«.

Hattest du bei der Übernahme des Lustspielhauses Schiss?
Nein. 

Warum nicht?
Wenn du eine Bühne übernimmst, die nicht so gut läuft, kannst du nicht viel falsch machen. Dann scheiterst du halt. Und? 

Das sagt sich leicht.
Ich ging vorbehaltlos an die Arbeit und dachte: Es kann hinhauen, wenn bestimmte Leute dort spielen. Als ich einstieg, liefen noch Operetten. Ich versuchte dann Kleinkunst, Kabarett und Songwriter zu veranstalten.

Der Kulturmacher Till Hofmann, fotografiert von Gerald von Foris.
Der Kulturmacher Till Hofmann, fotografiert von Gerald von Foris.

Wie baue ich eine Kleinkunstbühne auf?
In erster Linie geht es um den Ort. Mein erstes Festival in Passau organisierte ich an der Ortspitze, wo Donau, Inn und Ilz zusammenfließen. Dort kommt kein Auto hin, an solch einem Platz kann ich mir gut was vorstellen.

Ein Ort mit Aussicht.
Ein guter Veranstaltungsort muss eine gewisse Poesie an sich haben. Darauf kommt es an. 

Wie hast du das Lustspielhaus zu Beginn wahrgenommen?
Der Raum war eingerichtet wie ein plüschiges Berliner Cabaret der Zwanzigerjahre. Die Tapeten an der Wand passten nicht so recht. Als ich kam, war die Operette »Die Schöne der Nacht« programmiert, sechs Wochen am Stück, das lief nicht so gut.

Ich komme gut mit Stress klar und tu mich nicht schwer, anderen zu vertrauen.

Worauf kommt es bei der Organisation eines Kleinkunstabends an?
Die Abläufe in einem kleinen Theater ähneln sich, wurscht ob 50 oder 500 Plätze: Du brauchst jemanden für die Technik, den Einlass, die Werbung. Einer muss Plätze zuweisen, einer muss ausschenken, andere müssen kochen und Essen und Getränke raustragen. Dahinter steckt keine Magie, sondern vor allem Koordination.

Was kannst du gut?
Ich bin nicht so gut in was Speziellem, ich kann aber einen gewissen Überblick behalten. Ich komme gut mit Stress klar und tu mich nicht schwer, anderen zu vertrauen. 

Wie bist du die Programmgestaltung im Lustspielhaus angegangen?
Ich klebte schon während meiner Schulzeit Plakate für das Scharfrichterhaus, eine Passauer Bühne, und gründete das Eulenspiegel Zeltfestival. Aus dieser Zeit kannte ich den Liedermacher Hans Söllner, die Kabarettisten Bruno Jonas, Ottfried Fischer, Sigi Zimmerschied; dann natürlich die Wiener Szene mit Alfred Dorfer oder Josef Hader. Mit denen ging es dann auch in München los. 

Die Kunst ist es, Lücken zu lassen und geduldig zu bleiben. Es kommt immer noch was Schönes.

Nach welchen Kriterien buchst du Künstler?
Was ich buche, gefällt in erster Linie mir. Danach muss ich abwarten: Gefällt es auch den Leuten?

Im Lustspielhaus waren von Beginn an 260 Plätze zu füllen. Nach welcher Logik hast du die Künstler gebucht?
In der neuen Programmierung wurde mir klar, dass das Lustspielhaus vom Charakter her keine Nachwuchsbühne sein kann – die Pacht war ordentlich und ich musste Publikum locken. Die Spielfläche, die ich zu füllen hatte, war irre groß. Also gründeten wir die Occams, ein Haus-Ensemble mit Andreas Giebel, Michael Altinger, Helmut Schleich und Gabi Rothmüller. Die waren für gewöhnlich alle solo unterwegs, spielten dann aber den Sommer über zusammen bei mir. So zogen wir nach und nach Besucher an. In einer zusätzlichen Schiene buchte ich Liedermacher – die sind nicht so laut. 

Wie meinst du das?
Das Lustspielhaus steht mitten in Schwabing und wir mussten auf die Lärmbelästigung der Nachbarn achtgeben. 

Der Ort formt demnach das Programm.
Ja. Dann vergingen eineinhalb Jahre und der Betrieb zog weiter an. Ich erinnere mich an den Kabarettisten Piet Klocke nach seinem unfassbar guten Auftritt in Ottfried Fischers BR-Sendung »Ottis Schlachthof«: Er fragte mich, ob er mal einen Tag bei mir spielen könne. Ich sagte „du kannst gern zwei Wochen spielen“. Dann kam auch Volker Pispers und spielte zwei Wochen. Klocke und Pispers waren aus dem Stand ausverkauft und wurden in genau dieser Zeit bekannt. Davon profitierte ich. So richtig stabil wurde das Lustspielhaus dann mithilfe zeitloser Kabarettisten wie Josef Hader. 

Der kabarettistische Großmeister aus Österreich.
Mit ihm war ich sehr eng, weil ich ihn schon früh veranstaltet hatte. Hader spielte wochenlang die Scheißtage, also Sonntag bis Mittwoch.

Ab welchem Moment wurde das Lustspielhaus rentabel?
Damit der Kasten gezahlt ist, muss ich vier Tage die Woche ausverkauft sein. 

Zeichnest du in der Programmgestaltung an einem Gesamtbild?
Ich versuche es, bin aber immer davon abhängig, wer gerade unterwegs ist. Die Kunst ist es, Lücken zu lassen und geduldig zu bleiben. Es kommt immer noch was Schönes. 

Wie erkennst du, was gut ist?
Wenn es sich abhebt und doch unter Kleinkunst fällt. 

Nenn mir ein Beispiel.
Bei Lisa Eckhart war es so, sie ist ein Wesen vom anderen Stern: Die schlägt auf und begründet eine eigene Kunstform, spielt einen Frauenvamp, nüchtern, hocherotisch, ungreifbar, unglaublich intelligent. Dann kann aber auch drei Jahre in der Szene nix passieren und ich denke beim Scharfrichterpreis, einem der ältesten Wettbewerbe für Nachwuchskabarett: Juckt die jungen Typen noch was?

Was macht gutes Kabarett aus?
Du musst eine Restwut haben, die du kanalisierst und für wen einsetzt. Du darfst nicht nur für deine Altersvorsorge spielen. Grundsätzlich kann Kleinkunst brückenbildend sein, ein guter Abend ist mit einer guten Botschaft verbunden. Ich denke oft: Wenn Mario Barth nur einen gescheiten Satz dazu sagen würde, was in unserer Gesellschaft geschieht – er würde mehr auslösen als alle Talkshows zusammen.

Okay.
Mich interessiert es, ob ein Claus von Wagner auch bereit ist, vor 10.000 Menschen auf einer Demo gegen Pegida was zu sagen, ob er sich engagiert – was er macht. Ich denke, Kabarett soll auch aufklären. Es muss gut unterhalten und Haltung haben. 

Ist das deine Beobachtung oder deine persönliche Erwartung?
Beides. Ich war in Passau Schulsprecher und wir fragten uns Anfang der Neunziger in der Schülermitverwaltung, ob wir gegen den Golfkrieg demonstrieren sollten. »Kein Blut für Öl« war damals eher die Botschaft der Antifa. Unsere Eltern fuhren mit ihren Autos aber auch zum Tanken. Wieso sollten wir also nicht protestieren? Wieso nicht wir? 

»Wieso nicht wir?« ist eine gute Frage. Könnte »Wieso nicht ich?« dein Arbeitsmotto sein?
Vielleicht, ja.

Ich erinnere mich an Abende im Vereinsheim, an denen du kurz nach 23 Uhr, nach Ende einer Vorstellung aufgetaucht bist und dich zu den Künstlern gesetzt hast. Machst du das immer?
Nicht jeden Abend. Aber, ja, darum geht es auch. Ich bin Gastgeber. In den meisten Fällen spielen bei uns Leute, die ich schätze. Es ist eine Bereicherung, mit ihnen zusammenzusitzen. Zumindest für mich.

An wie vielen Abenden bist du in deinen Bühnen anzutreffen?
An fünf Tagen in der Woche schon. 

Ist das energiezehrend oder energieaufbauend?
Jetzt gerade zehrt vor allem die Kombination aus der Arbeit im Bellevue di Monaco und dem laufenden Betrieb in allen Häusern. Da merke ich immer wieder: Ich muss rennen gehen. 

Wie oft läufst du?
Dreimal die Woche. 

Wie lange?
Eine Dreiviertelstunde. Das ist gut zum Runterkommen. Im Winter fahre ich häufig in den Bayerischen Wald, im Sommer an den Atlantik.

Diese Beharrlichkeit meines Vaters bewundere ich. Dieses Aushalten. Die Selbstverständlichkeit, mit der er in seiner Arbeit klar machte, dass alle zu dieser Gesellschaft gehören.

Mit deinem Job als Kulturmanager ist deine Arbeit nicht auserzählt. Du hast mehrmals Demos und Konzerte gegen Rechts und für Flüchtlingshelfer organisiert, du hast ein Café übernommen, renoviert und wieder abgegeben, du betreibst eine Pension in Passau, eine Zeit lang hattest du auch ein Wohnzimmertheater im Portfolio. Wie suchst du nach neuen Projekten?
Ich suche keine Projekte, sie kommen auf mich zu. Es sind immer Möglichkeiten, die sich ergeben. Dann prüfe ich: Habe ich Lust?

Vergangenes Silvester hast du spontan die Münchner Kammerspiele mit der »Spider Murphy Gang« bespielt. Wie kam es dazu?
Ich hatte im Programm gesehen, dass dort spielfrei ist und dachte: So einen Raum lässt man an Silvester nicht leer. Das macht man nicht. Also rief ich den Sänger Günther Sigl an und der meinte sofort »Das machen wir total gern!« Es gibt ja Bands, für die ist es was Besonderes, in den Kammerspielen aufzutreten. 

Da geht es auch wieder um die Poesie des Ortes, nehme ich an.
Genau. Es passte aber auch gut. Um 18.30 Uhr gings los und um 21.30 Uhr wars vorbei und alle hatten noch Silvester vor sich. Ich mag es, einen niedrigschwelligen Zugang zu Kultur zu schaffen.

Dein Vater leitete in Straubing ein Jugendzentrum. Was hat er dir mitgegeben?
Meine Eltern waren getrennt und ich besuchte meinen Vater an jedem zweiten Wochenende. Er war ein guter Typ, ein zacher Hund, engagiert gegen Wackersdorf, wir fuhren alle vier Wochen mit dem Bus dorthin zum protestieren. Und meine Besuche im Straubiger JUZ waren wichtig – mein Vater öffnete mir die Augen für gesellschaftliche Entwicklungen.

Das heißt?
Er gab sich ab mit den Leuten. Ich sah zu, wie er einem Kerl, der zum zehnten Mal Scheiße gebaut hatte, zuhörte und ins Gewissen redete. Diese Beharrlichkeit bewundere ich. Dieses Aushalten. Die Selbstverständlichkeit, mit der er in seiner Arbeit klar machte, dass alle zu dieser Gesellschaft gehören. 

Was gibst du deinen beiden 16-jährigen Kindern weiter?
Mach, was du magst. Die kleinen Dinge machen das Leben schön.

Woran denkst du dabei?
An gemeinsam verbrachte Zeit, Zelten zum Beispiel.

Noch einmal zurück zur Arbeit in deinen Bühnen: Was zeichnet einen guten Gastgeber aus?
Eine relative Präsenz. 

Was ist relative Präsenz?
Absolute Präsenz würde bedeuten, dass ich vier Stunden am Abend vor Ort bin. Das kann und will ich aber nicht mehr, das wollen auch viele Künstler nicht. Als ich die Lach- und Schießgesellschaft dazu bekam, war das deshalb auch ein Glück.

Inwiefern?
Jeder dachte, ich sei gerade in der anderen Bühne. Dabei war ich zum Beispiel Fußballspielen! 

Guter Trick.
Das verstehe ich unter relativer Präsenz: Ich bin da, bin aber auch nicht da.

Ich bin der Falsche, wenn’s darum geht, bekannte, etablierte Künstler zu managen. Dafür reizt mich das Neue, das Unfertige viel zu sehr.

Du betreibst seit 25 Jahren die Konzertagentur Eulenspiegel und hast vier Jahre mit viel persönlichem Einsatz die Band La Brass Banda gemanagt. Weshalb?
Ich habe die in München am Sendlinger Tor auf dem Straßenfest spielen sehen und mir war sofort klar, dass diese Form der Blasmusik nicht nur in Bayern funktioniert. Wir haben uns am Chiemsee getroffen und beschlossen, es gemeinsam mit einer Tour in England zu versuchen. 

Aber warum seid ihr nicht durch Deutschland getourt?
Sind wir dann ja auch. Ich war halt der Überzeugung, dass wir die Geschichte der Band aus dem Ausland erzählen müssen. Ich wollte von Beginn an zeigen, dass La Brass Banda ein Bierzelt brennend machen und zugleich in Clubs auf fünf Kontinenten spielen kann. 

Okay.
So was kann ich behaupten oder einfach beweisen. Unsere Praktikantin Laura ist also nach England gefahren und hat Auftritte in Birmingham, Liverpool und London organisiert. 

Nach meinem Wissen funktionierte das ganz gut.
Und wie. Wir hatten einen Auftritt bei einem Mix-Abend in einem Londoner Club, bei dem vier Bands spielen sollten. Die Besucher kreuzten bei Eintritt an, welche Band sie vor allem hören wollen. Die Strichliste entschied, welche Gruppe wie viel Spielzeit bekommt. Von 300 Leuten hatten 250 La Brass Banda angekreuzt. Der Sänger Stefan Dettl führte die Band zu Beginn spielend durchs Publikum zur Bühne, schrie »Habe die Ehre« und dann ging es los: eine Stunde lang Techno auf Blasmusik, urbaner Sound vom Kaff am Chiemsee, mitten in London. Das war schon beeindruckend. Nach der Rückkehr habe ich in München den Regisseur Marcus H. Rosenmüller an der Fußgängerampel getroffen und ihn gefragt, ob er die Entwicklung der Band filmen will? Er sagte, dass er viel zu viel zu tun habe. Ich sagte »Rosi, das wäre schon gut, weil wir wollen nach Italien fahren und in einem Häusl die neue Platte aufnehmen und dann in Russland touren.« Da hat ihn die Geschichte und die Aussicht auf die Reise dann doch gejuckt.

Wie wars in Italien?
Ich fahre häufiger nach Ambra bei Siena in den Urlaub und habe dort ein Haus für die Aufnahme der Platte organisiert. Außerdem verteilte ich CDs und organisierte ein Konzert im alten Kino des Ortes – Eintritt frei, Freunde aus Passau lieferten Löwenbräu-Bier an. Das Konzert war super, der Dettl schenkte nachher selbst mit aus und um halb zwölf in der Nacht war das halbe Dorf dicht, weil die das bayrische Bier nicht vertragen haben.

Warum seid ihr danach in Russland getourt?
Es gab eine Einladung vom Goethe-Institut in Nowosibirsk, die haben wir ausgebaut und noch Konzerte in Omsk, Krasnojarsk und Moskau organisiert. Die Jungs spielten im Speisewagen der Transsibirischen Eisenbahn auf dem Weg nach Nowosibirsk, im Hintergrund zog die Taiga vorbei … 

Schöne Bilder für die Dokumentation von Marcus Rosenmüller.
In Krasnojarsk sahen wir auf dem Weg in die Stadt eine Häuserzeile, die komplett mit einem La Brass Banda-Transparent abgehängt war. Irre. Der Rosi filmte alles, auch das große Konzert im Zirkus Krone. Dann lief der Film im Bayerischen Fernsehen und die La Brass Banda wurde bekannt. 

Trotzdem bist du als Manager ausgestiegen.
Nach einem Konzert in der Münchner Olympiahalle haben wir Jahresabschluss im Lustspielhaus gefeiert. Ich radelte danach heim und dachte: Eigentlich wars das. Die Jungs wollten mehr, sie suchten ein Management, das sich nur um sie kümmert. Sie mussten den nächsten Schritt machen. Und ich auch. Ich bin der Falsche, wenn’s darum geht, bekannte, etablierte Künstler zu managen. Dafür reizt mich das Neue, das Unfertige viel zu sehr. 

Was würdest du auf ein großes Transparent in der Münchner Innenstadt schreiben?
Nur ein Wort: Hingehen.

Fotos: Gerald von Foris