15 Minuten einfach nur zuhören: Was ich von der Psychologin Brigitte Hauner-Münch gelernt habe

Auf dieser Webseite frage ich die Erfahrensten und Besten eines Faches nach ihrem Wissen und ihrer Weisheit. Aber auch woanders finden sich hilfreiche Lehren über gelingende Arbeit, gelingendes Leben. Immer wieder muss ich an mein Interview mit der Psychologin Brigitte Hauner-Münch denken. Sie leitet heute die  Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Rosenheim und Wasserburg und beschrieb mir vor einigen Jahren die 15-Minuten-Übung, mit deren Hilfe sich mancher Beziehungsknoten lösen lässt. Der Rat ist so einfach, dass er auch im Berufsleben seinen Dienst tun dürfte. 

Als ich mit der Psychologin Brigitte Hauner-Münch sprach, arbeitete sie noch in München und leitete die Abteilung Ehe-Familien- und Lebensberatung des Evangelischen Beratungszentrums (ebz). Was sich so kirchlich anhört, hat ein durch und durch weltliches Anliegen: Im ebz arbeiten Psychologinnen und Psychologen und kümmern sich um Menschen in persönlichen Krisen. Vor allem beraten sie Paare, die nicht mehr so gut miteinander können. Im Dreiergespräch wird ausgelotet, wie aus wackligen Partnerschaften wieder feste Bindungen werden können.

Menschen fühlen sich in einer Beziehung immer dann wohl, wenn sie gehört werden, wenn sie offenbaren können, wie sie sich fühlen, wenn sie ihre Gedanken auf den Tisch legen können, ohne dass gleich ein anderer Gedanke draufgelegt wird, sagte mir Brigitte Hauner-Münch bei unserer Begegnung. »Es gibt Halt, wenn ich zeigen kann, was ich fühle«, so die Psychologin. Viele Paare, die in die Beratung kämen, hätten das Zuhören, Reden und Ausredenlassen allerdings verlernt, sie hätten im Grunde die Aufgeschlossenheit im Umgang mit dem Anderen verloren. Jede Einlassung des Einen werde dann misstrauisch begutachtet und vorsichtshalber als möglicher Affront gewertet. »So entsteht die Angst, dass der Partner draufhaut, sobald ich mich zeige, sobald ich einfach erzähle«, sagte mir Brigitte Hauner-Münch.

Wie lässt sich eine dermaßen verknotete Kommunikation lösen?

Brigitte Hauner-Münch erzählte mir von einem Paar, das mit einem ganzen Rucksack voll gegenseitiger Vorwürfe in die Beratung kam – die Frau blickte schon abschätzig zur Seite, wenn der Mann nur das Wort ergriff. Hauner-Münch ließ die beiden erzählen und vergab am Ende einen Auftrag: »Setzen Sie sich zweimal die Woche gemeinsam hin. Jeder von Ihnen erzählt 15 Minuten lang. Der andere hört nur zu und kommentiert nichts.« Und das war er schon, der Rat. »Erzählen und Zuhören kann soviel öffnen«, antwortete mir Brigitte Hauner-Münch. »In diesen 15 Minuten haben Sie Zeit, sich dem Anderen wieder zu zeigen.« Für das bewusste Paar war die Übung wie eine Wende: »Die beiden haben wieder zueinander gefunden.«