Der Gründer Vincent Wronski über seinen Umgang mit Kunden: Die Qualität eines Produktes muss sich im Service spiegeln

Seit gut drei Jahren verkauft der 25jährige Vincent Wronski handgefertigte Lederarmbänder für Apple Watches. Das Geschäft floriert, inzwischen beschäftigt Bandwerk zehn Menschen. Die Kunden loben die Qualität der Bänder, vor allem aber auch den Service. Was macht der Unternehmer richtig? Ein Gespräch darüber, wie ein persönliches Interesse zum Geschäft wurde und warum die eigene Erwartung die beste Richtschnur ist. Fotos: Gerald von Foris

Herr Wronski, stimmt es, dass Sie bis vor Kurzem Geophysik studiert haben?
Bis zum 6. Semester. Ich war fast fertig, habe dann aber nicht mehr die Motivation gespürt, die es brauchte, um das Studium zu beenden. 

War zu der Zeit schon Bandwerk im Spiel?
Ja, schon vom dritten Semester an. Anfangs wollte ich mir nur was dazuverdienen und dachte: Es wäre cool, wenn ich fünf Armbänder im Monat verkaufen könnte. So hätte ich die Kosten drin, ein bisschen Geld übrig und würde vor allem etwas dazulernen.

Wie kamen Sie zu der Idee, Lederarmbänder für Apple Watches zu verkaufen?
Ich war einer dieser Nerds, die in der Vorlesung saßen und nebenbei, am Laptop, die Apple-Keynotes verfolgten, in denen Apple-Chef Tim Cook zweimal im Jahr die neuen Produkte des Unternehmens präsentiert. Ich erinnere mich noch, wie die Apple Watch während der Vorlesung „Geophysikalische Datenanalyse“ vorgestellt wurde. Ich sah die Uhr und kam gleich ins Nachdenken. 

Weshalb?
Ich hatte schon früh eine Leidenschaft für Vintage-Uhren entwickelt: Noch während der Schulzeit sparte ich Geld und kaufte mir auf ebay eine alte Omega, für die ich mir dann monatlich neue Armbänder zulegte. 

Monatlich?
Mit einem neuen Armband fühlt sich auch die Uhr komplett neu an. Jedes Mal wieder. Als ich die Apple Watch sah – mit der du deinen Puls messen kannst, auf der du SMS und Mails lesen kannst – dachte ich: nett. Aber mir fiel auf, wie eingeschränkt die Auswahl der Lederarmbänder war. Apple hatte ein schwarzes und ein braunes Lederarmband im Angebot, das jeweils 160 Euro kostete – was eine Ansage ist. Deshalb begann ich zu recherchieren. Ich wollte mir die Apple Watch zulegen und suchte nach einem schönen und vor allem günstigeren Armband für mich selbst. Ich wusste von einem sehr widerstandsfähigen Pferdeleder, das vom Hersteller handvernäht wird und wesentlich weniger kostet. Etwas in dieser Art suchte ich. 

Während der Suche fiel mir auf, dass es kaum Angebote von handwerklich gefertigten Armbändern für Apple Watches gibt. Was wäre, dachte ich, wenn ich das machen würde?

Das müssen wir kurz festhalten: Ihr Unternehmen fand seinen Ursprung in einem persönlichen Bedürfnis, für das Sie eine Lösung gesucht haben?
So ist es. Anfangs habe ich wirklich nur für mich recherchiert. Während der Suche fiel mir auf, dass es kaum Angebote von handwerklich gefertigten Armbändern für Apple Watches gibt. Was wäre, dachte ich, wenn ich das machen würde? Ich telefonierte umher und stieß auf sechs Manufakturen in Deutschland. Denen schickte ich meine Designs und nannte mein Budget, einen kleinen vierstelligen Betrag. Die meisten winkten ab und sagten, ich müsse schon eine mindestens fünfstellige Summe investieren, sonst würden sie gar nicht erst anfangen zu produzieren. Dann hatte ich Glück. Der Geschäftsführer eines besonders erfahrenen Herstellers fand die Idee cool und sagte: Lass uns zusammenarbeiten, ich mache dir eine kleine Serie. In dem Moment wurde klar, dass ich einen kleinen Shop aufbauen muss.

Was ist das Besondere an Ihren Bändern?
Die ersten Bänder waren aus Juchtenleder, einem Rindsleder, das so gegerbt ist, dass es sehr fest wird. So entsteht ein kräftiges Armband, das, versehen mit einer weißen Naht, sehr traditionell aussieht. Apple dagegen verkauft nur weiche, dünne Bänder mit Ton-in-Ton-Naht.

Wie viel Budget hatten Sie insgesamt zur Verfügung?
2000 Euro, mein ganzes Erspartes. Von diesem Geld zahlte ich neben den Mustern noch Adapter für die zwei verschiedenen Apple Watch-Größen, passende Schließen und natürlich eine Apple Watch. So blieben für Vertrieb, die Website, Marketing und PR noch 300 Euro. 

Das ist nicht viel.
Ich hatte kein Geld für einen Anwalt, der mir meine AGBs macht – geschweige denn jemanden, der mir eine Website baut. Also fuchste ich mich selbst in die Online-Tools rein. Das Studium litt. Ich richtete eine WordPress-Seite ein, durchforstete Gründerforen nach geeigneten AGBs, meldete mein Gewerbe an, richtete eine Facebook- und eine Instagramseite ein – ich nutzte alle Kanäle, die kein Geld kosten. 

Wie macht man Menschen auf diese neuen Kanäle aufmerksam?
Es gibt viele Faktoren, die entscheiden, wie man gefunden wird. Wichtig ist es, guten Inhalt auf der Webseite zu haben. Am Besten ist es zum Beispiel, alle Fragen, die Kunden zu deinem Produkt haben könnten, auf deiner Webseite zu beantworten. Ich versuchte von Beginn an, möglichst viele Inhalte für meine Seite zu produzieren, mit denen sich die Leute beschäftigen konnten. Als bandwerk.de live ging, testete ich eine Woche lang jeden Tag eine App auf der Apple Watch und schrieb einen Blogpost. Das war die Hölle für mich, aber es war meine Chance, Aufmerksamkeit zu erzeugen. In einem dieser Beiträge besprach ich die App Runtastic. Wenn man dann später die Begriffe „Apple Watch“ und „Runtastic“ suchte, tauchte „Bandwerk“ auf der ersten Seite der Suchergebnisse auf. So kamen die ersten Nutzer zu mir, gut zwanzig am Tag. Der größere Hebel waren dann die Blogs und die YouTuber, die ich anschrieb.

Was haben Sie geschrieben?
„Hey, ich mache Armbänder für die Apple Watch und kann euch ein Set zum Ausprobieren schicken.“ Weil ich kein Geld für Werbung hatte, bot ich zusätzlich einen Affiliate-Link: Wenn die Leute über den Link auf der Seite des Bloggers zu mir kamen und kauften, blieben 10 Prozent beim Blogger hängen. 

Bandwerk-Gründer Vincent Wronski, fotografiert von Gerald von Foris

Wann haben Sie die ersten Armbänder verkauft?
Am 23. November 2015. 

Das Datum scheint sich eingebrannt zu haben.
Am Morgen vor dem Launch des Webshops – ich hatte alle Armbänder da, die Produktbilder waren fertig, ich war bereit zu starten – schrieb ich noch mal ein paar Apple-Blogger an: „Die ersten Bänder sind da, ich kann euch nun welche schicken.“ Am Nachmittag, es war ein Montag, fuhr ich von einem Schwimmkurs heim, den ich ehrenamtlich an einer Schule gab. Ich saß in der S-Bahn, öffnete meine Mails – und hatte eine Bestellung. Ich dachte: Das kann doch nicht sein, ich habe doch keine Testbestellungen verschickt? Es war krass. Und schon kam die nächste Bestellung! Ich wusste gar nicht, wie ich reagieren sollte. Ich dachte nur: Geil, es funktioniert! 

Was war geschehen?
Ein Blogger hatte mich in einem Artikel erwähnt, ohne die Bänder gesehen zu haben. Allein an dem Abend zählte ich 400 Besucher auf meiner Webseite. Im Lauf der Wochen kamen 15 Bestellungen zu je 79 Euro zusammen. Es war überwältigend. Am Freitag hatte ich mein Budget fast wieder drin. Parallel begann die Versandarbeit: die richtige Größe der Bänder samt richtiger Farbe heraussuchen, Adapter und Schließe montieren, Rechnung ausdrucken, verpacken. Es dauert eine halbe Stunde, ein Armband versandfertig zu machen.

Haben Sie schon damals in der Holzbox mit Bandwerk-Logo verschickt?
Ich ließ einen Stempel mit dem Bandwerk-Logo produzieren, kaufte 25 Holzboxen, wie man sie als Ablage für Stifte verwendet und stempelte die Boxen. Die Stoffbeutel, in die ich die Bänder steckte, machte ich von einem Adventskalender ab, den ich mir zu diesem Zweck gekauft hatte. 

Sind schon mal 24 Täschchen …
Als Verpackungspapier diente mir ein Tischläufer aus dem Großhandel. Die Päckchen verschnürte ich mit einer Packkordel. So gingen die ersten tausend Bänder raus.  

Blieb das Interesse denn gleichbleibend hoch?
Es ging gleich wieder runter, dann aber berichtete ein Youtuber über mich. Das Video ist noch immer eines der Beliebtesten zu „Bandwerk“ und hat heute mehr als 35.000 Views. Der Blogger bekam damals auch einen Affiliates Link und hat sicher schon mehr als 1000 Euro mit uns verdient. In jener Zeit begann ich, mich intensiv ins Onlinemarketing einzulesen. Ich wollte konstant Leute auf meine Seite führen.

Nutzen Sie Amazon?
Dort müsste ich für alle denkbaren Farb- und Größenkombinationen einen hohen Bestand vorhalten. Das schaffe ich nicht. Wir wollen auch nicht auf Menge gehen, sondern uns differenzieren – unter anderem, weil inzwischen andere Anbieter aufgetaucht sind. Deshalb betonen wir die bayerische Handarbeit und dass unser Leder, anders als in China, pflanzlich gegerbt wurde. Das Wissen um die Güte unserer Armbänder schlägt sich inzwischen auch in den Reaktionen der Influencer und Youtuber nieder, die gute Verarbeitung zu schätzen wissen. 

Anfangs habe ich nie länger als 15 Minuten gebraucht, um eine Mail zu beantworten.

Ihr Produkt ist das eine, das andere ist der Service. Wie haben Sie es geschafft, mehr als 90 Bewertungen bei Google mit einem Fünf-Sterne-Schnitt zu bekommen?
Da ist viel Empathie im Spiel: Das Einkaufserlebnis soll so sein, wie ich es mir wünsche, wenn ich woanders bestelle. Das Produkt soll so schnell wie möglich bei mir sein. Wenn etwas nicht passt und ich eine Mail schicke, dann will ich nicht drei Tage auf eine automatische Antwort warten und mit einem Fünf Euro-Gutschein getröstet werden. Ich hasse es, abgespeist zu werden.

Wie schnell wünschen Sie sich Antwort auf eine Mail?
Die maximale Obergrenze sind aus meiner Sicht 24 Stunden. Die Antwort muss, finde ich, persönlich sein. Ich will sehen, dass jemand wirklich meine Mail gelesen und eine persönliche Antwort geschrieben hat. Zu Beginn habe ich mir vorgenommen, sofort zu antworten, wenn eine Mail kommt. 

Sofort?
Anfangs habe ich nie länger als 15 Minuten gebraucht, um eine Mail zu beantworten. Ich habe noch heute die Push-Mitteilungen aktiviert und sehe sofort, wenn eine neue Mail kommt. Im ersten Jahr fuhr ich, wenn es sein musste, mit dem Auto an den Straßenrand und antwortete auf eine Mail, sobald eine Mitteilung erschien. 

Welche Wirkung erzeugen Sie auf diese Weise?
Die besten Bewertungen kommen erstaunlicherweise von Menschen, die anfangs besonders unzufrieden waren. Wenn du kommunizierst und dich kümmerst, werden Kunden zufrieden. Ich will klar zeigen: Wenn etwas nicht stimmt, bist du bei mir auf keinen Fall der Blöde. 

Woher kommt diese Haltung?
Es ist ein Gefühl, vielleicht ein Zwang: Ich halte die Unzufriedenheit von Kunden nur ganz schlecht aus. Mir ist es persönlich unangenehm, wenn jemand wegen mir Unannehmlichkeiten hat.

Wieviele Beschwerden erhalten Sie je Monat?
Naja, sagen wir, ich verkaufe 3000 Bänder im Monat. In 90 Prozent der Fälle ist alles perfekt, bei zehn Prozent gibt es gutes und kritisches Feedback. Also haben wir 300 Rückmeldungen im Monat, demnach etwa zehn Mails pro Tag. Die kann ich inzwischen nicht mehr alle persönlich beantworten, weil sich daraus wieder neue Antworten und Fragen ergeben. Deshalb habe ich Leute eingestellt. Wer bis 18 Uhr schreibt, bekommt noch am selben Tag eine Antwort. Meine Kunden sollen maximal vier Stunden auf eine Reaktion warten.

Wie haben Sie diese Regel ermittelt?
Wenn ich eine Mail um 16 Uhr rausschicke und um 20 Uhr eine Antwort bekomme, freue ich mich, dass sich jemand kümmert! Vier Stunden sind aus meiner Sicht machbar.

Ihr persönliches Interesse hat zu Bandwerk geführt, Ihr persönliches Einkaufsempfinden bestimmt den Service – kann man das so zusammenfassen?
Definitiv.

Die 100 Bänder gingen in nur vier Tagen weg und werden heute auf ebay zu Preisen bis zu 250 Euro gehandelt. Die jüngste Edition, auch mit Leder aus einem Porsche, verkaufte sich in nur 15 Minuten.

Inzwischen verknappen Sie Ihre Produkte bewusst. Weshalb?
Irgendwann hatte ich im Onlinemarketing alles einmal ausprobiert und überlegte: Was macht man, um eine Marke besonders zu machen? Um Aufmerksamkeit zu erregen? Mein großes Vorbild ist an der Stelle Jean-Claude Biver. Er heuerte in den Sechzigern beim Uhrenhersteller Audemars Piguet an und führte die Firma mit guten Ideen durch die Quarz-Krise. In den Siebzigern gründete er Hublot und holte dann auch TagHeuer und Omega aus der Krise. Einer seiner Ansätze: Er verknappte die Uhren künstlich. Einmal ließ er die teuerste Uhr der Welt in einer Auflage von Eins bauen. Das erregte in den Achtziger Jahren Aufmerksamkeit und das inspirierte auch mich. Allerdings ist es mit Lederarmbändern nicht so leicht: Die sind ja keine endliche Ressource. 

Ein entscheidender Punkt.
So sind wir auf Leder gekommen, die schon mal einen Zweck erfüllt haben. Etwa in einem Fahrzeug. Ein Sattler verschaffte uns Leder aus einem Mercedes AMG und wir ließen ein Armband daraus fertigen, ein Unikat. Wir entschieden uns, das Armband zu verlosen und verkauften Lose zu je 5 Euro. Es kamen 1200 Euro zusammen, die wir an die Deutsche Krebshilfe spendeten. Der Gewinner freute sich und wir hatten den Beleg: Unsere Kunden interessieren sich für limitierte Produkte. So kam es, dass wir eine limitierte Armband-Edition aus dem Sitzleder eines alten Porsche herausbrachten. Die 100 Bänder gingen in nur vier Tagen weg und werden heute auf ebay zu Preisen bis zu 250 Euro gehandelt. Die jüngste Edition, auch mit Leder aus einem Porsche, verkaufte sich in nur 15 Minuten.

Wie genau finden die Leser heute auf Ihre Webseite?
Bis zu 40 Prozent kennen die Marke bereits und finden uns direkt. Etwa 30 Prozent der Besucher kommen über Google durch Suchbegriffe wie Apple Watch Armband: Sie klicken auf unsere Seite in den Suchergebnissen oder auf unsere Google-Anzeigen. Etwa 20 Prozent finden aus den Sozialen Medien zu uns, wo wir auch Anzeigen schalten. Gut 10 Prozent sind Referral-Traffic: Die Nutzer klicken auf Links in Blogs oder Onlinemagazinen, die zu unserer Seite führen.

Sie beschäftigen inzwischen gut zehn Mitarbeiter. Wie geht es weiter?
Wir vergrößern uns jedes Jahr um den Faktor 2,5 bis 3. Wir versuchen auf andere Märkte zu kommen, Großbritannien zum Beispiel – schon jetzt haben wir 30 Prozent Umsatz aus dem Ausland. Auch die Sondereditionen werden wir weiter forcieren. 

Ihr Unternehmen ist zwar noch jung, dennoch die Frage: Welche Lehren bleiben Ihnen drei Jahre nach dem Start?
Erstens: mit Begeisterung dahinter sein. Zweitens: Dabeibleiben. Drittens: Limitierungen können Emotion auslösen. Und, viertens, das wichtigste: Geh mit Empathie in den Service. Du musst nachfühlen können, dass der Kunde ein Produkt schnell und gleich haben will, dass er ungeduldig sein kann. Unsere Armbänder sind weiß Gott nicht lebensnotwendig, jede Uhr ist Luxus. Das ist aber auch der Grund, warum in einem Kauf so viel Emotion steckt. Wenn die Kunden mich fragen: „Hey, wo ist mein Band?“ Dann antworte ich: „Hey, ich kenne die Ungeduld selbst, ich kann sie super nachvollziehen – ich kann Ihnen aber auch die Gründe für die Verzögerung erklären.“ Ich finde, die Schönheit oder die Qualität eines Produkts muss sich im Service spiegeln. 

Fotos: Gerald von Foris