Die Kinderbuchautorin Margit Auer über das Schreiben: Ich muss begeistert sein, nicht die anderen

In der Buchreihe »Schule der magischen Tiere« erhält jedes Kind einer Grundschulklasse ein lebenskluges und vor allem sprechendes Tier geschenkt: Schriftstellerin Margit Auer erfährt mit dieser Geschichte einen beispiellosen Erfolg, die Bände zählen seit Jahren zu den meistverkauften im Kinderbuchsegment. Ein Gespräch über die Entwicklung der zugrunde liegenden Idee und ihre Arbeits- und Schreibweise. Fotos: Gerald von Foris

Frau Auer, hatten Sie »Die Schule der magischen Tiere« von Beginn an als Serie angelegt?
Nein, die Geschichte war nicht als Serie angelegt. Die erste Erzählung war der jetzige dritte Band, in dem der Schüler Eddie die Fledermaus Eugenia als magisches Tier geschenkt bekommt. Das Buch hatte ich für mich selbst geschrieben – nicht einmal meine Literaturagentin wusste, dass ich daran arbeite. 

Wusste Ihre Familie davon?
Die wusste davon. Auch im Freundeskreis hatte ich daraus vorgelesen. Schließlich fasste ich mir ein Herz, nahm eine knackige Stelle von ungefähr zehn Seiten Umfang, in der Mister Morrison, der Inhaber der magischen Zoohandlung Eddie seine Fledermaus bringt, und gab sie meiner Agentin. Ich packte noch ein fünfseitiges Exposé dazu, in dem ich die Figuren und die Idee der magischen Welt ausführlicher beschrieb. Meine Agentin reiste mit den Texten zur Kinderbuchmesse nach Bologna, wo etliche Verlage Interesse zeigten – und jeder wollte sofort eine Reihe daraus machen.

Wie haben Sie die Reihe dann entwickelt?
Wir entschieden uns für den Carlsen-Verlag. Ich saß über Monate hinweg immer wieder mit den Lektorinnen zusammen und wir überlegten gemeinsam, wie eine solche Serie beginnen muss. Dabei entstand die Idee, die Kinder Ida und Benni zu den Hauptfiguren zu machen. Es entstand auch der Ansatz, die Reihe mit dem Beginn eines Schuljahres zu starten, damit Leser leicht in die Geschichte finden: Sie schlagen das Buch auf und tauchen mit Ida in die Welt der Wintersteinschule ein. 

Wie genau entstand der Ansatz, den Alltag einer Grundschulklasse mit der Anwesenheit von »magischen Tieren« zu verbinden, die zu jenen Schülern sprechen können, denen sie geschenkt wurden?
Ich hatte vorher eine Reihe von Geschichten aus dem Alltag von Grundschulkindern geschrieben, mit denen ich bei den Verlagen nicht landen konnte – wie so viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller verschickte ich meine Manuskripte und erhielt Standardabsagen. Irgendwann gab ich Textpassagen an befreundete Testleser weiter, an Journalisten oder Autoren, denen die Geschichten sehr gut gefielen. 

Was gefiel?
Sie sprachen vom »schönen Ton«, von »lustigen Figuren« und »netten Dialogen«. Sie sagten aber auch, dass »das Besondere« fehle. Ich erkannte: Wenn ich zwischen den gut 8000 Kinderbüchern, die jedes Jahr neu erscheinen auffallen will, brauche ich eine richtig gute Idee. 

Bestärkte Sie die Reaktion demnach – oder ernüchterte Sie das Urteil?
Sie bestärkte mich. Auch meine Agentin blieb guten Mutes, weil sie etwas in der Art sah, wie ich Alltagsgeschichten schreibe. Viele Kinderbuchautorinnen schreiben Geschichten, die in weiter Ferne spielen. Sie flüchten in Gedanken und erzählen lieber von Zeitreisen als vom Leben vor ihrer Haustür. Geht es dann doch mal um den Alltag, um die Schule, dann werden die Lehrer gerne lächerlich gemacht. Das war aber nie mein Ansatz, weil ich erlebte, wie gern meine drei Söhne in die Schule gingen, wie sehr sie diesen Kosmos liebten. Ich wollte meine Geschichten in diesem Umfeld ansiedeln. 

Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Margit Auer, fotografiert von Gerald von Foris
Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Margit Auer, fotografiert von Gerald von Foris

Sie studierten Journalismus und arbeiteten viele Jahre als Journalistin, vor allem im Lokalen und im Regionalen. Haben Sie die Freude am Alltagsgeschehen ins Kinderbuchschreiben übernommen?
Ja, vielleicht steckt die Lokaljournalistin noch so sehr in mir, dass ich die Geschichten vor Ort nach wie vor spannender finde als zum Beispiel Erzählungen aus Amerika. Spätestens als der Schuss Magie hinzukam, wusste ich: So geht es.

Wie kam dieser Schuss Magie hinzu?
Ich sah immer wieder Kinder – unter anderem meine Söhne –, die sich mit ihren Haustieren unterhielten. Ich hörte, wie sie mit ihrem Meerschweinchen oder mit ihrer Katze sprachen. Und wenn sie Kummer hatten, nahmen sie ihre Katze mit ins Bett und erzählten ihr ihre Probleme. Ich war fasziniert. Später übertrug ich diese Beobachtung in mein Schreiben und erfand »Mister Morrison«, den Inhaber der »Magischen Zoohandlung«. Als er und seine Tiere in die Geschichten kamen, sprudelten die Ideen nur noch so. In dem Moment wusste ich: Das ist es, das ist »das Besondere«.

»Es ist häufig so, dass erst die Menschen, die von außen auf eine Arbeit sehen die zugrunde liegenden Muster erkennen«

Was erfuhren Sie dabei über das Wesen einer guten Idee?
Es geht nicht darum, dass sie andere begeistert, sie muss mich selbst begeistern. Wenn ich morgens meinen Laptop aufmache, muss ich Spaß haben an der Welt, die ich gleich betrete. Die magischen Tiere waren der Kniff, mit dem ich Spannung in all die kleinen Erlebnisse brachte, die Kinder haben. Jeden Tag begegnen Schüler großen Herausforderungen – wenn sie selbst Entscheidungen treffen müssen, wenn sie nicht Mama oder Papa oder eine Erzieherin heranziehen können. Sie sind gefordert, wenn einer auf dem Pausenhof fies ist, wenn sie bei einem Spiel nicht zum Zug kommen, wenn sie nicht schlagfertig genug sind und sich später darüber ärgern. Der Dreh in meinen Büchern ist nun: Ich beschreibe Kinder, die diese alltäglichen Szenen erleben und ein magisches Tier steht ihnen bei. 

Sie machen dabei einen inneren Dialog sichtbar, mit dem das Kind sonst allein ist.
So ist es. Hier entsteht die zweite Ebene meiner Bücher, auf der es um die Hürden geht, die ein Kind überwindet; um die Lehren, die es zieht; um das Wachsen und Starkwerden. Bei diesem Prozess hilft das Tier. Ich beschreibe nicht nur einen lustigen Pinguin, der hinter dem Kind hertrottet, sondern zeichne das Tier als Lebensberater, der Tipps gibt.

Ich verstehe.
Viele blättern nur kurz in meine Bücher und denken dann: Aha, da sind so Zaubertiere, die Schülerprobleme magisch zum Verschwinden bringen. So ist es aber nicht. Ronja, eine Schülerin in meinem Buch, hat gelogen. Sie fälschte die Unterschrift der Mutter, als sie eine schlechte Note bestätigen sollte. Nun plagt sie ein wahnsinnig schlechtes Gewissen und irres Bauchweh. Irgendwas muss sie machen. In ihrem Zimmer spricht sie mit ihrem magischen Tier, dem Hund Toffi, den nur sie hören kann. Er sagt: »Ronja, wir gehen jetzt da runter und du sagst es deiner Mama.« Ronja erschrickt total: »Was, ich soll da runtergehen? Aber hilfst du mir?« Dann sagt Toffi: »Klar, ich komme mit, ich bin immer an deiner Seite. Aber sagen musst du es deiner Mutter selbst.« 

Okay.
Ronja muss sich überwinden, sie muss selbst beichten und es aussprechen. Toffi kann sie begleiten, kann da sein, sie anstupsen, ihr zuzwinkern. Das ist der Kern meiner Bücher: Die Kinder und ihre Tiere geraten in schwierige Situationen, lösen ein Problem und gehen größer daraus hervor.

Sie ermutigen die Kinder.
Ich zeige ihnen einen Weg aus schwierigen Situationen, ohne dabei den Zeigefinger zu heben.

Wollten Sie diese zweite Ebene des Schullebens bewusst erzählen?
Ich glaube, sie entstand intuitiv aus den Geschichten, die ich mir ausdachte. Ich schrieb, ohne mir der zweiten Ebene bewusst zu sein. Die Lektorinnen analysierten dann meine Texte und stellten Fragen: Wie hast du das angelegt? Was hast du dabei gedacht? Durch das Hinterfragen meiner Arbeit strukturierten sie meine Erzählungen.

Sie erkannten also die Muster, die Ihrem Schreiben zugrunde liegen, erst im Nachhinein?
Ich selbst hätte diese Ebenen zu Beginn meines Schreibens nicht erklären können. Es ist häufig so, dass erst die Menschen, die von außen auf eine Arbeit sehen die zugrunde liegenden Muster erkennen. 

Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Margit Auer, fotografiert von Gerald von Foris
Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Margit Auer

Sie erwähnten, dass Ihre Art des Schreibens schon bei den Testlesern gut ankam. Wie schreiben Sie?
Ich schreibe Texte so, als würde ich sie Kindern erzählen. Alle Eltern und Lehrer legen sich bestimmte Sprechweisen zu. Sie sprechen einfach. In den wenigen Rezensionen, die ich zu meinen Büchern bekomme, wird mir manchmal vorgeworfen, meine Sprache sei so einfach. Für mich ist das ein Kompliment. Astrid Lindgrens Sprache ist auch einfach. Die Kunst besteht darin, in einfachen Worten viel auszudrücken. 

Ihre Bücher wurden viele Millionen Mal gekauft. Ihnen scheint diese Sprache zu liegen.
Ich habe gemerkt, dass mir überhaupt diese Altersgruppe liegt. Ich sehe, dass ich die Sprache und auch den Humor der Grundschüler treffe. Und das wichtigste: Ich wachse nicht raus aus dieser Zielgruppe, obwohl meine Söhne inzwischen erwachsen sind. 

Sie hätten die Lust am Genre mit dem Großwerden Ihrer Kinder auch verlieren können.
Tatsächlich hatte ich Angst, dass mir die Zielgruppe entgleitet. Das tut sie aber nicht. Ich komme mit Kindern der dritten und vierten Klassen besonders gut klar, das erlebe ich in den Lesungen. Ich mag ihre Fragen und Sichtweisen. Die ganz Kleinen sind noch zu schüchtern, die Sprache der Teenager ist mir zu fremd. Dort traue ich mich nicht einzudringen.

Kinderbücher sind auch dann besonders toll, wenn sie sich gut vorlesen lassen. Lesen Sie sich Ihre Texte laut vor?
Wenn ich Zeit habe, lese ich tatsächlich die allerletzte Fassung jedes Kapitels laut, weil ich den Sound des Satzbaus prüfen möchte. Ich erkenne heute, dass ich das bei den ersten Büchern nicht gemacht habe. 

Ja?
Da sind mir aber auch die Lektorinnen noch reingegrätscht. Ich war unerfahren und traute mich nicht den Text zurückzuändern. Wenn ich die Seiten heute lese, erkenne ich sofort, welche Sätze von der Lektorin stammen, weil sie ein bisschen quer liegen. Inzwischen arbeiten wir auf Augenhöhe und wenn mir eine Korrektur nicht gefällt, schreibe ich das wieder so, wie ich es haben will. 

Wenn Sie auf die vergangenen sieben Jahre schauen: Wie hat sich Ihre Arbeit verändert?
Ich bin schneller geworden. Ich darf mir keine Schreibblockade erlauben und arbeite auch dann, wenn ich keine Lust dazu habe – was aber selten passiert. Ich freue mich auf meine Schreibphasen, in denen ich eine Woche am Stück ohne Termine oder Lesungen schreiben darf. 

Ihr Pensum hat an Umfang gewonnen, Sie schreiben inzwischen zwei Bücher je Jahr. Müssen Sie streng mit sich sein?
Ich lege einfach los und bin nicht streng mit mir. Nichts, was ich schreibe, muss sofort brillant sein. Ich schreibe den Plot runter und bessere dann Durchgang für Durchgang nach, streiche Überflüssiges, vereinfache Kompliziertes, bringe Gefühle rein. Es gibt auch einen Durchgang, in dem ich mich nur den Dialogen widme und sie aufpeppe. 

»Die Kinder sollen bitte, bitte ihre Probleme nicht in sich reinfressen. Sie sollen nie meinen, sie müssten alles mit sich selber ausmachen, sie sollen sich vielmehr öffnen, sich Verbündete suchen, sich ein Herz fassen und mit jemandem über ihre Sorgen sprechen«

Wie werden Dialoge gut?
Indem ich das, was da steht, origineller formuliere. 

Was kann das bedeuten?
Dass ich nicht »Hallo« schreibe, sondern »Hallöchen« oder „Moin moin«. Oder die Elster Pinkie sagt statt »Auf Wiedersehen« einfach »Tschüssikowski«. Die Kinder lieben die Sprachmarotten der Tiere. 

Woher wissen Sie das?
Vor allem aus den Lesungen, in denen ich die Reaktionen erlebe. Die Fledermaus Eugenia etwa hängt immer ein »-erich« an die Worte und spricht dadurch seltsam lustig: Aus »sicher« wird »sicherich«, aus »ich« wird »icherich«. Die Schildkröte Henrietta liest Sätze und Worte immer sehr verquer: Statt »Torschützenkönig« liest sie »Tortenschürzenking«. Diese kleinen Alltagswitze einzubauen macht Spaß. Das schaffe ich aber erst, wenn die Geschichte schon steht, im letzten Schritt. Dann bekommen die Figuren Marotten oder ihren Witz. 

Entsteht die eigentliche künstlerische Freiheit also erst, wenn die Basisarbeit erledigt ist?
Erst wenn der Plot steht, bekommen die Geschichten ihre Farbe. 

Welche Botschaften senden Sie mit Ihren Geschichten?
Die Kinder sollen bitte, bitte ihre Probleme nicht in sich reinfressen. Sie sollen nie meinen, sie müssten alles mit sich selber ausmachen, sie sollen sich vielmehr öffnen, sich Verbündete suchen, sich ein Herz fassen und mit jemandem über ihre Sorgen sprechen. Auch wenn es schwerfällt. Auch wenn es vielleicht peinlich ist und eine Wunde öffnet. Natürlich ist es toll, wenn ich wie meine Protagonistin Ida einen Fuchs als Ratgeber habe und dieser mir sein Verständnis zeigt. Aber selbst wenn ich ihn im echten Leben nicht habe: Ich kann Bruder oder Schwester von meinem Problem erzählen, guten Freunden, der Mama oder dem Papa, je nachdem. Wer sich einen Gesprächspartner sucht, wird eine Lösung finden.

»Schreiben, schreiben, schreiben – das ist mein Vorgehen. Irgendwann kommt der passende Gedanke, irgendwann füllt sich die vorher entstandene Lücke«

Welche Fähigkeit ist Ihnen in den vergangenen Jahren zugewachsen?
Das Machen. 

Wie meinen Sie?
Ich bin gut darin, einfach zu machen. In den ersten Jahren meines Schaffens spazierte ich mehrmals um die Universitätsbibliothek, in der ich immer schreibe, wenn ich in einer Szene nicht weiterkam – und wusste danach noch immer nicht, wie es weitergehen könnte. Inzwischen öffne ich an der Stelle, an der es im Text hakt eine Klammer, schreibe rein, was dort ungefähr stehen soll, schließe die Klammer, springe anhand des Exposés ins übernächste Kapitel und schreibe dort weiter. 

So bringen Sie Fluss ins Schreiben.
Schreiben, schreiben, schreiben – das ist mein Vorgehen. Irgendwann kommt der passende Gedanke, irgendwann füllt sich die vorher entstandene Lücke. Ich darf nur im Schreiben nicht nachlassen und muss die Lösung auf diese Weise erzwingen. 

Sie führen Ihr Gehirn also durchs bloße Weiterschreiben an Blockaden vorbei.
Ich halte mich nicht auf, ja. Denken Sie zum Beispiel nie, Sie bräuchten einen brillanten Einstieg! Der brillante Einstieg gelingt einem meist erst spät, wenn die ganze Geschichte steht. 

Haben Sie noch mehr Rat für Autoren?
Bewirb dich nie mit dem Beginn deines Manuskripts. Der Anfang eines Buches ist meist zäh, niemand kennt deine Figuren, du musst viel erklären, die Umgebung beschreiben. Viel wichtiger ist eine Schlüsselszene, die sich irgendwann im Schreiben ergeben wird. Du spürst es dann selbst: Das ist eine Szene mit Gefühl, mit Witz, mit Streit. Wenn du diese Schlüsselszene hast, nimmst du sie und bewirbst dich damit.

Sind Sie ehrgeizig?
Ich bleibe dran, wenn ich Feuer fange. Ich hatte meinen Söhnen viele schlechte Kinderbücher vorgelesen und dachte irgendwann: Das gibt es doch nicht! Wie kann diese Langweilerin bei diesem Verlag unterkommen? Und weshalb bekomme ich nur Absagen? Es war mir ein persönlicher Ehrgeiz, die Käseglocke zu knacken, die über der Kinderbuchwelt liegt. Ich blieb dran und erhöhte so die Wahrscheinlichkeit, die richtigen Menschen mit den richtigen Hinweisen zu treffen.

»Es gibt kein höher, toller, weiter. Mein Buch wird nicht besser, wenn ich vor mehr Menschen lese, wenn ich noch mehr verkaufe«

Ihre Leserschaft ist in den vergangenen Jahren immens gewachsen. Spüren Sie Druck?
Am Anfang fühlte ich mich vor allem vonseiten des Verlages unter Druck, der aufs Tempo drückte und mir die Verkaufszahlen mit der Erwartung präsentierte, dass es doch schön wäre, wenn das nächste Buch ähnlich liefe. Von diesem Druck habe ich mich inzwischen gelöst. Ich weiß, was ich kann und ruhe in mir selbst. Ich denke nicht an die Tausenden von Leser, die jetzt auf das nächste Buch warten. Ich denke an das Mädchen, das mir vielleicht gerade einen Leserbrief geschrieben hat; oder an eine Begegnung bei einer Lesung. 

Kann es sein, dass Sie beim Schreiben des ersten Buches eine möglichst große Leserschaft vor Augen hatten, mit der Sehnsucht nach viel Resonanz – und jetzt müssen Sie bewusst diese Welt verkleinern, um den Verstand nicht zu verlieren?
Das ist genau richtig. (Überlegt) Ich habe in der Elbphilharmonie gelesen – vor 400 Kindern. Oder in Freiburg im Stadttheater – vor 700 Kindern. Ich freue mich aber auch total auf eine Klassenzimmerlesung, in der 30 Kinder vor mir sitzen und wir diskutieren. Das eine ist so schön wie das andere. Es gibt kein höher, toller, weiter. Mein Buch wird nicht besser, wenn ich vor mehr Menschen lese, wenn ich noch mehr verkaufe. Ich schreibe in Gedanken für dieses eine Kind, das sich mit meinem Buch zurückzieht.

Inzwischen wächst die Welt der magischen Tiere. Es gibt Hörspiele, Puzzles, Stofftiere, im November erscheint ein Kinofilm. Belastet Sie die zunehmende Komplexität?
Die hat mich eine Zeit lang tatsächlich belastet, weil ich Angst hatte, dass meine Reihe zu kommerziell wirken könnte. Ich erinnere mich, wie sehr ich von den »Wilden Kerlen« genervt war, als meine Jungs die Bücher lasen – überall gab es T-Shirts und Schulranzen mit den Motiven. Ich finde das schwierig und bremse den Verlag tendenziell. Zugleich denke ich: Es ist nicht mein Problem. Ich kann mich nicht in alles mischen und bei jedem Puzzle und Spiel reinreden und sagen »Das gefällt mir nicht, das will ich nicht.« Dafür fehlt mir auch die Kraft. Ich vertraue meinem Verlag, dass er die Lizenzen nach gutem Wissen und Gewissen vergibt. 

Welche Fähigkeit ist die wichtigste, die Sie zur Anwendung bringen?
Ausdauer. 

Das dachte ich mir.
Dranbleiben. 

Das ist eng verknüpft.
Nicht aufgeben.

Fotos: Gerald von Foris